Mancher Befürworter der Cannabis-Legalisierung hatte sich auf das "freie" Kiffen ab dem 1. April gefreut, darf er dies zukünftig doch ganz legal tun. Allerding muss dies auf die Freizeit beschränkt bleiben. Die Teillegalisierung von Cannabis ändert nämlich nichts daran, dass Drogen aller Art am Arbeitsplatz verboten sind.
Zum 1. April 2024 ist Cannabis teilweise legalisiert worden. Der Bundesrat hat das Cannabisgesetz am 22. März 2024 gebilligt, es wurde am 27. März 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Eine geringe Menge der Droge darf somit ab dem 1. April 2024 straflos angebaut, mitgeführt und konsumiert werden. Das bedeutet aber nicht, dass Beschäftigte nun am Arbeitsplatz kiffen dürfen. Letztlich hat die Gesetzesreform eher strafrechtliche Auswirkungen, die sich nicht auf die Spielregeln am Arbeitsplatz auswirken.
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums haben 8,8 Prozent der Erwachsenen im Alter bis 64 Jahren in den letzten zwölf Monaten wenigstens einmal Cannabis konsumiert – das sind ungefähr 4,5 Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter.
Der Besitz geringer Mengen und der Konsum von Cannabis mag zukünftig mit gewissen Einschränkungen erlaubt sein. Jedoch gilt das Recht auf Rausch nur für die Freizeit, nicht dagegen für die Arbeitswelt. Nach wie vor schulden Arbeitnehmer aufgrund ihres Arbeitsvertrages ihre uneingeschränkte und sichere Arbeitsleistung ohne Einfluss irgendwelcher Substanzen.
Wenn Arbeitnehmer sich zukünftig mit dem Segen des Gesetzgebers nach Feierabend einen Joint rollen, kann kein Arbeitgeber dagegen vorgehen. Ausnahmen mögen in Arbeitsbereichen bestehen, die sich direkt gegen Drogenkonsum wenden, wie z. B. in Suchtberatungsstellen. Grundsätzlich ist der Konsum legaler Drogen jedoch Privatsache des Arbeitnehmers, ebenso wie seine Gesundheit. Somit wären Anordnungen des Arbeitgebers, nach Dienstschluss keine Drogen zu konsumieren, grundsätzlich unwirksam. Möglich wäre nur, den Konsum in Uniform oder formeller Dienstkleidung in der Öffentlichkeit zu untersagen, sofern der Arbeitgeber anderenfalls ein Imageproblem bekäme.
Während der Arbeitszeit und im Dienst ist die Rechtslage eindeutig. Genauso wenig wie Alkohol am Arbeitsplatz gestattet ist, darf während der Arbeitszeit gekifft und erst recht nicht gedealt werden. Zudem müssen Mitarbeiter unverändert sicherstellen, bei Dienstantritt nicht mehr unter dem Einfluss berauschender Mittel zu stehen. Damit ist auch ein Joint in der Mittagspause nicht erlaubt, selbst wenn diese zur Freizeit zählt – Kiffen ist gerade kein normales Tabakrauchen.
Arbeitgeber sollten im Einzelfall überlegen, ob sie ihre Belegschaft darauf gesondert hinweisen; eine Verpflichtung besteht jedoch nicht. Soweit Dienst- oder Betriebsanweisungen einen Arbeitsantritt mit Null Promille ausdrücklich vorsehen, wie z. B. im Fahrdienst, oder sonstige betriebliche Regelungen zum Umgang mit Alkohol bestehen, sollten diese nun auf den Cannabiskonsum ausgeweitet werden. Besteht ein Betriebsrat, muss dessen Mitbestimmungsrecht beachtet werden.
Keine Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats besteht dagegen bei einer arbeitgeberseitigen Anordnung, dass auf dem Firmengelände – auch nach Dienstschluss – jeder Konsum von Drogen, Alkohol etc. verboten ist. Genauso kann ein striktes Verbot des Handelns und Verkaufens von Cannabis und anderen Drogen auf dem Betriebsgelände angeordnet werden.
Bei Dienstantritt unter Cannabiseinfluss gilt nichts anderes als beim Konsum von Alkohol oder anderen Drogen: Arbeitgeber dürfen nicht dienstfähige Personen nach Hause schicken und müssen die deshalb ausgefallene Arbeitszeit auch nicht vergüten. In bestimmten Arbeitsbereichen, beispielsweise in der Pflege oder im Fahrdienst, sind Arbeitgeber zum Schutz von Dritten sogar verpflichtet, die betreffenden Personen nicht arbeiten zu lassen. In diesem Zusammenhang sollte der Arbeitgeber beachten, dass Mitarbeiter, die erkennbar unter Drogeneinfluss stehen, nicht allein nach Hause geschickt oder gar ans Steuer gelassen werden dürfen (Fürsorgepflicht).
Bereits jetzt regelt die DGUV-Unfallverhütungsvorschrift 1 (§ 15, Absatz 2), dass versicherte Arbeitnehmer sich vor oder bei der Arbeit nicht in einen Zustand versetzen dürfen, der sie selbst oder andere gefährden könnte, sei es durch Alkohol, Drogen oder andere berauschende Mittel.
Auch aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht müssen Vorgesetzte zudem sicherstellen, dass nicht dienstfähige Personen, deren Blick noch rauchgetrübt ist, sich während ihrer Tätigkeitsausübung nicht selbst verletzen. Erst recht jedoch müssen Kollegen und Dritte geschützt werden.
Verursacht ein aufgrund von Cannabiskonsum nicht oder nur eingeschränkt dienstfähiger Mitarbeiter während der Ausübung seines Dienstes Personenschäden, müssen Arbeitgeber mit der Einleitung strafrechtlicher Schritte rechnen, wenn Sorgfalts- und Fürsorgepflichten nicht ausreichend beachtet wurden.
Welche weiteren arbeitsrechtlichen Maßnahmen noch erfolgen können, ist einzelfallabhängig. Sofern keine Suchterkrankung vorliegt, wird bei einer ersten Verfehlung eine Abmahnung ausreichend sein. In schweren Fällen oder bei Wiederholungen können auch Kündigungen gerechtfertigt sein.
Da sich Kiffen im Allgemeinen nicht leistungsfördernd auswirkt, können arbeitsrechtliche Maßnahmen außerdem in Betracht kommen, wenn sich die Arbeitsleistung aufgrund von Cannabiskonsum deutlich verschlechtert, wobei den Arbeitgeber dann die Beweislast treffen wird. Keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen kommen dagegen in Betracht, wenn Mitarbeiter aus medizinischen Gründen Cannabis einnehmen, beispielsweise bei chronischen Erkrankungen. Jedoch wird dann, wie bei einer Medikation mit Psychopharmaka, im Einzelfall gemeinsam mit dem Betriebsarzt oder anderen Stellen darüber entschieden werden müssen, ob der Mitarbeiter seine Tätigkeit noch in vollem Umfang ausüben darf. Entscheidend dafür ist die konkret ausgeübte Beschäftigung.
Nach der Legalisierung des Eigenbedarfs besteht keine Verpflichtung, spezielle betriebliche Regelungen zum Konsumverbot von Cannabis am Arbeitsplatz zu erlassen. Wo dies jedoch sinnvoll erscheint, sollten Betriebsvereinbarungen ergänzt oder neu geschlossen werden.
Vor allem im Fahrdienst oder bei Tätigkeitsausübungen mit hohem Gefährdungspotenzial können Arbeitgeber den vorherigen Einsatz von Schnelltests anordnen, wobei dazu in aller Regel die vorherige Zustimmung des Betriebsrats eingeholt werden muss. Zudem sollten Maßnahmen zur Suchtprävention, insbesondere zur Aufklärung, ergriffen werden.
Suchtmittel gelten als Risiko für Mitarbeiter und sind damit für Gefährdungsbeurteilungen von Bedeutung. Was für Alkohol gilt, muss nun auch für Cannabis gelten. Ist der Konsum am Arbeitsplatz relevant, muss er in Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigt werden. Zur Verbesserung der Arbeitssicherheit können folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden:
Zudem sollten alle Beschäftigten klar darüber informiert werden, dass bei einem Arbeitsunfall unter dem Einfluss von Cannabis der Versicherungsschutz entfallen kann (Sozialgericht Osnabrück, Urteil vom 7. 2. 2019, S 19 U 40/18; Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 25. 5. 2023, 36 U 366/22). Diese Grundsätze der Sozialgerichte werden sich aufgrund der Legalisierung von Cannabis nicht ändern.