Recht auf Unerreichbarkeit gilt nicht immer

Ein Arbeitnehmer muss unter Umständen eine dienstliche Kurznachricht auf dem Handy (SMS) auch während seiner Freizeit lesen, wenn ihm aufgrund einer Betriebsvereinbarung bekannt ist, dass ihn der Arbeitgeber in bestimmten Fällen auf diesem Weg über den konkreten Arbeitsbeginn und -ort für den Folgetag informiert. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun klargestellt.

Dem Urteil lag die Klage eines Notfallsanitäters zugrunde, der gemäß einer Betriebsvereinbarung einen sog. „unkonkret zugeteilten Springerdienst“ übernehmen sollte. Dabei muss der Arbeitgeber den Springer am Vortag bis spätestens 20 Uhr über den Arbeitsbeginn und -ort informieren. Dies hatte der Arbeitgeber per SMS getan, nachdem der Notfallsanitäter telefonisch nicht zu erreichen war. Der Mitarbeiter nahm die Nachricht allerdings nicht zur Kenntnis und erschien am Folgetag zu spät zum Dienst. Daraufhin erteilte ihm der Arbeitgeber eine Abmahnung und kürzte das Arbeitszeitkonto um die fehlenden Arbeitsstunden. Hiergegen klagte der Mitarbeiter, da er seiner Ansicht nach nicht verpflichtet sei, sich während seiner Freizeit darüber zu informieren, wann er zu arbeiten habe.

Die BAG entschied zugunsten des Arbeitgebers. Sowohl die Abmahnung als auch das Streichen der Arbeitsstunden war nach Ansicht der Richter rechtens. Auf Grundlage der Betriebsvereinbarung sei dem Notfallsanitäter bekannt gewesen, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den folgenden Arbeitstag konkretisieren werde. In einem solchen Fall sei der Mitarbeiter verpflichtet, eine per SMS mitgeteilte Weisung auch in der Freizeit zur Kenntnis zu nehmen. Dabei hätte der Beschäftigte nicht den gesamten Vortag für den Arbeitgeber erreichbar sein müssen. Es wäre ausreichend gewesen, dass er sich abends ab 20 Uhr informiert hätte.

BAG, Urteil vom 23.8.2023, 5 AZR 349/22